Mas de Lavail

Kraftpakete aus dem Département 66

Eine halbe Autostunde westlich von Perpignan versteckt sich zwischen den Hügeln der Corbières und den Bergkämmen der Pyrenäen ein Tal, das zu den aufregendsten Weinregionen Frankreichs gehört: das Vallée de l’Agly mit der AOP Maury. Die im Herzen des Départements 66 – Pyrénées-Orientales – gelegene Appellation mit den Weinen von Serre Romani, Mas de Lavail und Pouderoux ist zum Geheimtipp der Vindoc-Kundschaft aufgestiegen.

Berge, welche die Wolken zurückhalten; Wind, der die Trauben trocknet; schwarzer Schiefer, der das Sonnenlicht absorbiert: Auf diesen Terroirs werden in den Weinbergen der AOP Maury seit der Antike Reben angebaut – die ersten wohl nach Hannibals Durchzug, zurückgelassen mit ein paar müden Soldaten oder Abtrünnigen, welche sich von der Schönheit der wilden Gegend verführen liessen.

Das Grenache-Terroir aller Terroirs

Heute reifen in diesem schwierigen und kargen Land, dessen Terroir aus sekundären Schiefermergeln besteht, Carignan, Syrah und vor allem Grenache. Diese Traube profitiert am meisten vom herrschenden Mikroklima. Nirgendwo sonst auf der Welt kommt die Kraft der Grenache noir mit diesen komplexen Ausdrucksformen derart schön zur Geltung.

Bis Mitte der 90er-Jahre wurden in der Appellation Maury nur natürliche Süssweine aus Grenache noir hergestellt. Diese wurden vorwiegend in der Region getrunken und waren kaum über Frankreich hinaus bekannt. Das Tal galt als rückständig und litt schon Jahrzehnte unter Landflucht, was die Landpreise sinken liess. 10 000 Euro kostete der Hektar noch im Schnitt, damit zweimal weniger wie andernorts im Languedoc – oder 20-mMal weniger als in Saint-Émilion. Das zog junge Talente an. Sie übernahmen die meist mit uralten Reben bestockten Weinberge der untergehenden Kooperativen und schufen trockene Weine von meist kraftvoller Konzentration dunkler Beerenaromen mit ungeheuer reichen Tanninen. 2011 wurde die Pionierarbeit belohnt mit der Schaffung der neuen AOP Maury sec. 273 Hektar sind für die trockenen Fruchtbomben reserviert. Für die AOP-Tropfen dürfen die Trauben jedoch nur verwendet werden, wenn die Stöcke als «Gobelet» geschnitten sind. Nur so können sie dem Tramontane widerstehen, der 200 Tage im Jahr bläst – mit bis zu 140 km/h.

Ein Besuch auf Mas de Lavail

Einer dieser vielen jungen Winzer im Vallée d’Agly ist Nicolas Batlle. Am Rande des Dorfes Maury, ganz in der Nähe des gleichnamigen Flüsschens, am Fusse der Katharerfestung von Quéribus, liegt sein gepflegtes Weingut Mas de Lavail. Der Familie Batlle, die sich seit vier Generationen dem Weinbau verschrieben hat, statteten wir Ende August einen Besuch ab – Ende August 2019, denn auch die alljährlichen Winzerbesuche von Vindoc fielen heuer den Pandemie-Restriktionen zum Opfer.

Wir biegen rund einen Kilometer vor Maury von der Hauptstrasse D117 ab und holpern hundert Meter durch den Weinberg, bis sich uns hinter ein paar mächtigen Bäumen die Gruppe der stattlichen Gutsgebäude öffnet. Empfangen werden wir vom lauten Gebell des Hofhunds, der sich glücklicherweise als äus­serst fröhlicher und anhänglicher Geselle entpuppt. Marie Laure Battle, welche vor 20 Jahren mit ihrem Mann Jean, Sohn Nicolas und Tochter Sophie das Weingut Mas de Lavail übernommen hatte, empfängt uns deutlich leiser aber nicht minder freudig. Im schmucken Keller degustieren wir die Weine des Guts, während sie uns über Mas de Lavail erzählt.

Über Jahrzehnte lieferten die Batlles ihr Traubengut – wie es üblich war in Maury – an eine der drei grossen Kooperativen zur Herstellung der berühmten Süssweine. Seit 1999 jedoch betreibt die Familie auf 80 Hektar nachhaltigen Weinbau mit einem niedrigen Ertrag von 2.5 dl/m2 (2019 gar nur 1.6 dl/m2). Die Ernte erfolgt von Hand in perfekter Reife, wobei die Trauben von jedem Terroir separat vinifiziert werden. Und im Gegensatz zu früher werden die Weine auf Mas Lavail heute fast ausschliesslich trocken ausgebaut. Sie zeichnen sich durch ihre Kraft, ihre Struktur und ihren Reichtum an Aromen aus – wie man beim Degustieren der Assemblage «La Désirade» oder dem reinsortigen «EGO» leicht feststellen kann.

EGO – eine starke Persönlichkeit

Zu EGO wollen wir mehr erfahren. Wie kam der Wein zu seinem Name? Spielt er etwa auf die Persönlichkeit eines Familienmitglieds an? Marie Laure holt aus bis ins Jahr 1999: «Als wir die Domaine ins Leben riefen, wollten wir einen trockenen Spitzenwein kreieren, der zu 100% aus Maurys Königsrebe Grenache noir hergestellt wird. Diese Cuvée brachte den Charakter des Grenache noir auf Schieferboden derart treffend zum Ausdruck. dass wir sie EGO nannten – in Anlehnung an die Persönlichkeit des Terroirs.»

Vor einigen Jahren haben Marie Laure und Jean das Gut an die Jungen übergeben; sie arbeiten zwar noch immer überall mit, wo es zusätzliche Hände oder Erfahrung braucht. Aber im Weinberg und im Keller bestimmt heute Nicolas das Geschehen. Er führt den Betrieb in respektvollem Umgang mit der Natur. «Wir sind zwar nicht Bio zertifiziert, doch wir verwenden keine Chemie im Weinberg.» Nicolas gehört zu den Initianten eines Gemeinschaftprojekts zahlreicher Winzer in Maury, welche den Rebenschädling Eudemis, eine Mottenart, grossräumig mit Hilfe von Pheromonen (Duftstoffe der weiblichen Insekten) an der Fortpflanzung hindert.

Sophie erledigt Verkauf, Marketing und insbesondere die ganze Administration («Sie können sich nicht vorstellen, wieviel Zeit man in Frankreich mit Formularen und Berichten totschlägt.») . «Nebenbei» kümmert sie sich noch um die Kinder, ihr Amt als Gemeinderätin in Maury und ihr Lieblingsprojekt: «Seit einigen Jahren organisieren wir in ­Maury ‹Voix des Femmes›, ein Festival, reizvoll und herrlich entspannt mit Openair-Bühnen vor dem Rathaus und in lauschigen Weinbergen.» Der Titel ist Programm: «Stimmen von Frauen» wie Sophie Hunger, Zazie, Lola Marsh und vielen anderen machen das Festival in Maury ebenso zum Geheimtipp wie die Weine dieser Appellation.

8 Fragen an Sophie Batlle

Meine Appellationen?

AOP Maury sec und AOP Maury doux.

Lebensmotto?

Es ist klug, dem Lauf der Dinge zu vertrauen.

Was ich liebe?

… mit meinen Freunden und der Familie gesellige Momente zu teilen bei einem feinen Essen und guten Weinen.

Meine Top-Tipps?

Das Festival «Voix des Femmes» in Maury am zweiten Juni-Wochenende. Letztes Jahr hatten wir Zazie und Clara Luciani eingeladen, dieses Jahr werden Muriel ­Robin, Pomme, La Grande Sophie und zahlreiche andere Künstlerinnen auftreten.

Besonderes Kennzeichen?

Hyperaktiv unterwegs zwischen der Do­mäne, den Kindern, meinem Amt als ­Gemeinderätin in Maury und der Organisation des Festivals.

Meistgebrauchtes Schimpfwort?

Et merde! Aber ich versuche es zu vermeiden, wenn die Kinder in der Nähe sind.

Lieblingsfest?

Weihnachten – wegen des besinnlichen Beisammenseins im Kreis der Familie und wegen der Überraschungen.

Bestes Antidepressivum?

Schwarze Schokolade in Begleitung eines Maury Grenats.

Die Weine von Mas de Lavail

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